Die Finanzverwaltung beabsichtigt, ihre Grundsätze zur Abgrenzung von Anschaffungs-, Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen bei Instandsetzung und Modernisierung umfangreich zu überarbeiten. Dazu hat sie den Verbänden einen Entwurf für eine Neufassung des BMF-Schreibens vom 18.07.2003 mit Rückmeldefrist bis zum 11.07.2025 vorgelegt. So äußert sich das Entwurfsschreiben erstmalig zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten.
Die Abgrenzung zwischen Anschaffungskosten (AK), (anschaffungsnahen) Herstellungskosten (HK) und Erhaltungsaufwendungen sind bei der Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden von hoher praktischer Relevanz. Erhaltungsaufwendungen sind sofort in voller Höhe abzugsfähig, wohingegen AK/HK die Bemessungsgrundlage für die AfA erhöhen und demnach über die Nutzungsdauer verteilt abzuschreiben sind.
Die Grundsätze zur Abgrenzung regelt insbesondere das BMF-Schreiben vom 18.07.2003 sowie ergänzend das Schreiben vom 20.10.2017. Am 05.06.2025 gab das BMF ein Entwurfsschreiben einer Neufassung in die Verbändeanhörung, welches die entsprechenden Verwaltungsvorgaben überarbeiten und aktualisieren und die beiden bisherigen BMF-Schreiben ersetzen soll. Neben zahlreichen Anpassungen an zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung, sind auch Neuerungen geplant. Aus der Vielzahl der Detailanpassungen sind im Entwurf die nachfolgend aufgelisteten Neuerungen und Änderungen besonders erwähnenswert:
- Rz. 3: Abstellen auf objektive (alle wesentlichen Teile nutzbar) und subjektive (konkreter Zweck, Standardhebung und/oder Erweiterung) Funktionstüchtigkeit für Betriebsbereitschaft eines Gebäudes.
- Rz. 13: Für die Standardbestimmung sollen „ausschließlich“ und nicht mehr „vor allem“ der Umfang und die Qualität der Heizungs-, Sanitär-, Elektroinstallation und der Fenster maßgebend sein. Maßnahmen, die nicht diese Ausstattungsmerkmale betreffen, sollen nicht in die Standardprüfung einfließen. Interessant ist hierbei, dass eine zusätzliche Wärmedämmung bei der Standardbestimmung nicht zu berücksichtigen ist.
- Rz. 15 ff.: Erweiterung der Abgrenzungskriterien zur Standardbestimmung.
- Rz. 22: Der Einbau einer Wärmepumpe oder einer Solarthermieanlage allein führt beim Kriterium der Heizungsanlage noch nicht zu einer Hebung eines mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard.
- Rz. 28: Bei der Prüfung eines Gebäudes, das unterschiedlich genutzt wird und daher aus mehreren Wirtschaftsgütern besteht, ist nur auf den entsprechenden Gebäudeteil abzustellen.
- Rz. 30: Wird ein Gebäude so umfassend verändert, dass die neu eingefügten Teile die Nutzung maßgeblich bestimmen und die bisherigen Bauteile bedeutungslos und wertmäßig untergeordnet erscheinen, liegen Herstellungskosten für ein anderes Gebäude vor (bspw. Umwandlung von Wohnungen in eine Arztpraxis unter erheblichem Aufwand).
- Rz. 32 f.: Auch eine geringfügige Erweiterung eines Gebäudes führt zu Herstellungskosten. Deshalb greifen keine Wesentlichkeitsgrenzen bei der Vergrößerung der Nutzfläche (bspw. Dachgaube als Erweiterung) oder einer Substanzmehrung durch Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten.
- Rz. 48: Eine deutliche Verlängerung der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer kann auch zu einer deutlichen Erhöhung des Gebrauchswerts und damit zu Herstellungskosten führen.
- Rz. 50: Verkürzung des Zeitraums einer Sanierung in Raten von 5 auf 3 Jahre.
- Rz. 53 ff.: Vollständig neue Ausführungen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten. Demnach können sämtliche Aufwendungen im Rahmen einer Instandsetzung oder Modernisierung innerhalb von 3 Jahren nach Anschaffung (taggenaue Berechnung nach Übergang des wirtschaftlichen Eigentums) anschaffungsnahe Herstellungskosten darstellen, wenn insgesamt 15 Prozent der Anschaffungskosten überschritten werden. Eine Vorhersehbarkeit der Kosten ist unerheblich. Einzubeziehen sind demnach auch Aufwendungen für die Beseitigung verdeckter oder altersüblicher Mängel. Auch hier ist ggf. aufzuteilen und nur auf den entsprechenden Gebäudeteil abzustellen (insoweit bereits umgesetzt durch BMF-Schreiben vom 20.10.2017). Aufwendungen für Erweiterungen, regelmäßig anfallende Wartungsarbeiten oder für Substanzschäden, die nachweislich zu einem späteren Zeitpunkt verursacht wurden (bspw. Beschädigungen durch Dritte / Naturkatastrophen), gehören nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten. Aufwendungen sind nur innerhalb des Dreijahreszeitraums zu berücksichtigen. Dauern Maßnahmen länger, sind nur die auf den Zeitraum entfallenden Aufwendungen (ggf. im Wege der Schätzung) zu berücksichtigen. Bei unentgeltlichem Erwerb tritt der Rechtsnachfolger in den Dreijahreszeitraum ein. Ein nachträgliches Über- oder Unterschreiten stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar. Die vorangegangenen Bescheide sind entsprechend zu korrigieren.
Zudem hat das BMF die Anzahl der Beispiele zur Verdeutlichung der Auslegung der Finanzverwaltung umfangreich und verständlich erweitert. Insgesamt handelt es sich mehrheitlich um die Einarbeitung von zwischenzeitlich ergangener Rechtsprechung. Die wenigen Neuerungen sind grundsätzlich zu begrüßen, insbesondere die Verkürzung des Zeitraums bei der Sanierung in Raten und die Beibehaltung des Heizungsstandards beim Tausch/Einbau einer Wärmepumpe. Insbesondere ist zu bemerken, dass typische Sanierungen im Wohnbereich mit Wärmedämmung, Wechsel von Gasheizung zu Wärmepumpe und ggf. Erneuerung der Fenster nicht zu Anschaffungs-/Herstellungskosten führen, sondern sofort abzugsfähige Betriebsausgaben darstellen, sofern die Maßnahmen nicht innerhalb von 3 Jahren nach Anschaffung durchgeführt werden und die 15-Prozent-Grenze nicht überschreiten und damit keine anschaffungsnahen Herstellungskosten vorliegen.
Die Verbände haben nun die Möglichkeit bis zum 11.07.2025 Stellung zu nehmen. Es bleibt abzuwarten, ob sich im finalen BMF-Schreiben noch Änderungen ergeben.