Wissenschaftliche Zusammenarbeit

Wie Unternehmen aktuellen Trends im Gesundheitsbereich begegnen können

Um Wandlungsprozesse stabil zu durchlaufen, sollten Life-Sciences-Firmen Finanzplanung, Daten, KI und Nachhaltigkeit optimal nutzen.


Überblick
  • Unternehmen im Life-Sciences-Sektor stehen vor neuen Herausforderungen. Transparenz, Kapitaleffizienz und eine datengetriebene Steuerung sind entscheidend.
  • Fünf zentrale Trends prägen die Branche und erfordern gezielte Maßnahmen zur Anpassung der Finanz- und Geschäftsstrategien.
  • Die effiziente Nutzung immenser Datenmengen ermöglicht eine präzisere Unternehmenssteuerung. Der Einsatz von GenAI steigert Effizienz und Zusammenarbeit.

Die Gesundheitsversorgungslandschaft durchläuft tiefgreifende Entwicklungen. Steigende Gesundheitskosten durch die Zunahme chronischer Erkrankungen, anhaltender Arbeitskräftemangel, immer stärker eingebundene Technologien (etwa CRISPR, mRNA) und der Wunsch nach einer verbesserten und individualisierten Gesundheitsversorgung verändern die Anforderungen an Pharmaunternehmen.

Ein weiterer entscheidender Punkt ist das in den kommenden Jahren bevorstehende Auslaufen von Patenten auf mehrere große Produktserien im Medikamentenbereich (sogenannte Blockbuster). Dies öffnet den Markt für Generika und erhöht den Wettbewerbsdruck. Mit neuen technologischen Möglichkeiten verlagert sich somit der Fokus der Biopharmaunternehmen verstärkt auf die Erforschung und Behandlung seltener Krankheiten (Rare Diseases). In diesem Bereich bestehen noch viele therapeutische Lücken und damit Möglichkeiten zur Differenzierung.


Durch steigende Kosten, technologische Fortschritte und veränderte Kundenerwartungen erlebt die Gesundheitsbranche einen tiefgreifenden Wandel. Starre, nicht integrierte Systeme können den Anforderungen an Effizienz und Anpassungsfähigkeit nicht mehr gerecht werden.


Um diesen Herausforderungen zu begegnen und gleichzeitig eine patientenzentrierte Zukunft zu gestalten, reagieren pharmazeutische und biotechnologische Unternehmen zunehmend auf die folgenden Trends:

Wie können Finanzbereiche reagieren?

Moderne Finanzbereiche sind nicht mehr nur Gatekeeper für ihre jeweiligen Organisationen, sondern können aktiv dazu beitragen, dass die Wettbewerbsfähigkeit erhalten und erhöht wird. Zentrale Voraussetzungen dafür sind eine integrierte Steuerung und eine entsprechende Datenverarbeitung.

Die aktuellen Trends und Herausforderungen im Life-Sciences-Sektor und die erforderlichen Reaktionen auf Unternehmensseite

Mit Blick auf die oben umrissenen Trends wird deutlich, dass Unternehmen rasch handeln sollten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Dies erfordert ein umfassendes Teamwork innerhalb der gesamten Organisation. In den folgenden Kapiteln beleuchten wir die einzelnen Trends näher und analysieren, wie durch gezielte Optimierungen im Finanzbereich und insbesondere in der Finanzplanung eine bessere Anpassungsfähigkeit erreicht werden kann.

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Trend 1

Moderne Planungssysteme – Steuerungsimpuls für Wettbewerbsfähigkeit

Um den Anforderungen hinsichtlich Agilität und höherer Genauigkeit zu begegnen, kann man sich in der Finanzplanung mithilfe eines kaskadierenden Finanzplanungsprozesses und der Integration in operative Supply-Chain-Planungen vorbereiten.

Insbesondere in der Finanzplanung wird ein hohes Maß an Agilität gefordert. Traditionelle, starre Finanzplanungssysteme, die vom operativen Geschäft entkoppelt sind, entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen an Effizienz und Flexibilität. Die Notwendigkeit einer präziseren und anpassungsfähigeren Planung wird durch die personalisierte Medizin verstärkt, die die Entwicklung maßgeschneiderter Produkte für spezifische Patienten oder Patientengruppen erfordert. Diese Veränderungen führen zu komplexeren und schlechter planbaren Produktionsprozessen. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, ist es entscheidend, in der Finanzplanung einen kaskadierenden Finanzplanungsprozess zu implementieren und eine enge Integration mit dem Supply-Chain-Management zu gewährleisten.

Die Finanzplanung sollte als kaskadenartiger Prozess definiert werden. Beginnend mit der strategischen Ausrichtung (Strategic Plan) über die Zielsetzung (Operationalisierung der strategischen Ausrichtung, Mid-Term Planning) und der Ressourcenallokation (Budget) bis hin zur Prognose (Forecast) mit der klaren Planungsvorgabe, die unternehmensspezifischen Ziele zu erreichen.

Die Finanzplanung als kaskadenartiger Prozess

Der strategische Plan übersetzt die Vision und das Leitbild der Organisation in Unternehmensziele. Im Rahmen des Planungsprozesses werden sämtliche Unterschiede zwischen den langfristigen Zielen der Organisation und den Erwartungen der Geschäftsbereiche ermittelt. Die frühzeitige Identifizierung dieser sogenannten Planungslücke ermöglicht es der Unternehmensleitung, zusätzliche Pläne und Strategien zur Überbrückung der Diskrepanzen zu entwickeln, um die langfristigen Unternehmensziele zu erreichen. Dies lässt sich auch durch entsprechende Simulationen erreichen, die durch ein treiberbasiertes Planungsmodell erstellt und kalibriert werden können.
 

Die strategische Ausrichtung bildet das Fundament für die anschließende Zielsetzung, in der die strategischen Weichenstellungen in konkrete finanzielle Ziele übersetzt werden. In der Regel sind diese Ziele mit einem Zeithorizont von drei bis fünf Jahren recht ambitioniert definiert. Darauf aufbauend erfolgt die Ressourcenallokation mit einem Zeithorizont von einem bis drei Jahren. Sie bestimmt, wie die Ziele erreicht werden können, und gewährleistet, dass die Finanzmittel effizient zur Zielerreichung eingesetzt werden.
 

Der Forecast dient dazu, eine realistische, unvoreingenommene 12-Monats-Prognose darüber abzugeben, was letztendlich erreicht werden kann und wie der Vergleich zu den gesetzten Zielen zu beurteilen ist. Hierbei ist wichtig, dass zwischen Budget und Forecast getrennt und der Forecast nicht für die Neuverhandlung der Zielsetzung verwendet wird. Ein rollierender Forecast kann als ultimative Methode zur Generierung eines unvoreingenommenen Ausblicks dienen, der im Idealfall einen indikativen Korridor für einen rollierenden Zeithorizont von 15 Monaten oder länger bietet.
 

Erhöhte Planungsgenauigkeit: von S&OP bis IBP
 

Ein weiterer Hebel, mit dem die Reaktionen agiler gestaltet werden können, ist die Sicherstellung einer höheren Planungsgenauigkeit (Planning Accuracy). Diese lässt sich mit der Integration eines Prozesses zum Sales & Operational Planning (S&OP) in der Finanzplanung erreichen. Die Planungsgenauigkeit als KPI ist umstritten und sollte als Teil eines umfangreicheren KPI-Sets für die Beurteilung der Planung verwendet werden, das die operativen Zielerreichungen finanziell misst.
 

S&OP ist in erster Linie auf die Steuerung der Lieferkettenreaktion ausgerichtet, konzentriert sich auf kurz- bis mittelfristige Zeiträume und ist volumenbasiert auf die Abstimmung von Markt- und Produktionsmengenplanungen fokussiert. Der Prozess verbindet Vertrieb, Einkauf und Produktion und dient somit der Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette. Hauptsächlich wird der S&OP-Prozess vom Supply-Chain-Team geleitet, jedoch ist das Einbinden der Finanz-, Markt- und Einkaufsabteilungen unumgänglich.
 

Um allerdings bedeutende Auswirkungen auf das Betriebsergebnis (EBIT) zu erzielen, ist eine Überführung von S&OP zum Integrated Business Planning (IBP) unerlässlich. IBP dient primär dem Aufbau einer von der Geschäftsführung geleiteten strategischen Ausrichtung und konzentriert sich auf taktische (18 bis 36 Monate) und strategische (über fünf Jahre) Zeithorizonte.


Eine Überführung von Sales & Operational Planning zum Integrated Business Planning ist unverzichtbar für maßgebliche Auswirkungen auf das Betriebsergebnis.


Im Vergleich zu S&OP stellt IBP den Betrieb in einen größeren Kontext und verbindet und steuert die operative Planung mit der Finanzplanung. Dies ermöglicht faktenbasierte Entscheidungsfindungen. IBP ist funktionsübergreifend (Marketing/Sales, Purchasing/Manufacturing, Finance, Supply Chain/Logistics) integriert, legt klare Abläufe fest und ist im Wesentlichen finanziell getrieben. Man spricht von „One Plan“. Die Planung konzentriert sich auf die frühzeitige Erkennung von Chancen und Risiken, um Lücken zu schließen oder zu minimieren. Die Szenarioanalyse, und damit die Reaktionsfähigkeit eines Unternehmens, wird mit diesem Planungsansatz verbessert.

Eine derartige strategische Verlagerung durch IBP eröffnet die Möglichkeit, Geschäftsstrategien auf allen Unternehmensebenen effektiv auszurichten und bereits zuvor abzuschätzen, was die Gesamtprofitabilität fördert. Unerlässlich hierbei sind ein straffer Zeitplan und klare Verantwortlichkeiten. Auch die Bereitstellung präziser Informationen ist für einen realistischen Plan zur Förderung fundierter Entscheidungen essenziell, wodurch wiederum eine verbesserte Reaktionsfähigkeit erreicht wird.

Fünf Schritte zur erfolgreichen Planungsintegration gemäß „One Plan“

Um das Konzept von „One Plan“ zu realisieren, ist die Integration der Finanzabteilung in fünf wesentlichen Prozessschritten erforderlich:

  1. Portfolio Management Review: In diesem ersten Schritt wird das Produktportfolio analysiert, um seinen Einfluss auf Umsatz, Volumen und Kosten zu bewerten. Wichtige Aktivitäten umfassen die Vorhersage von Währungskursen, Verkaufspreisen, Kosten und Margen sowie die Bewertung von Geschäftsrisiken und die Verknüpfung mit finanziellen Unternehmenszielen.
  2. Demand Review: Es wird eine realistische Prognose der Nachfrage für die bevorstehenden 18 Monate erstellt. Dazu gehören die Bewertung von Einnahmequellen, die Auswirkungen der Kreditverfügbarkeit, die Monetarisierung der Prognose und die finanziellen Auswirkungen von Nachfragetreibern.
  3. Supply Review: In diesem Schritt wird ein realistischer Produktions- und Distributionsplan für die bevorstehenden 18 bis 24 Monate angestrebt. Es werden Kostenschwankungen, Rückstellungen und externe Beschaffungskosten bewertet, um eine rentable Allokation zu gewährleisten.
  4. Reconciliation: Die Ergebnisse der vorherigen Reviews werden zusammengeführt, um Chancen und Risiken des integrierten Geschäftsplans zu bewerten. Dies umfasst die Analyse von Budgetumsatz, Gewinn und Volumenlücken sowie die Integration von Finanzelementen.
  5. Management Business Review (MBR): Im letzten Schritt überprüfen die Stakeholder die Gesamtleistung des Unternehmens und die Aussichten für die kommenden ein bis 24 Monate. Hier werden Empfehlungen zur Steuerung von Chancen und Risiken gegeben und Maßnahmen zur Schließung von Budgetlücken koordiniert.
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Trend 2

Mit ESG-Performance-Management zu mehr Transparenz

Im Life-Sciences-Sektor ist es entscheidend, ein strukturiertes ESG-Performance-Management aufzubauen und es nach und nach in die übergreifenden Planungsprozesse zu integrieren.

In der heutigen Geschäftswelt gewinnen ESG-Kriterien zunehmend an Bedeutung. Regularien wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die EU-Taxonomie markieren einen Wendepunkt für Unternehmen: Sie verlangen nicht nur eine präzisere ESG-Berichterstattung, sondern auch die Definition klarer Maßnahmen und Ziele zur Verbesserung der ESG-Performance. Nachdem viele Unternehmen in der aktuellen Berichtssaison den Berichterstattungsanforderungen in Teilen bereits nachgekommen sind, stellt die Erweiterung der Berichtsprozesse um Performance-Management-Prozesse eine der zentralen aktuellen Herausforderungen dar.

Strukturierte Ansätze und Herausforderungen

Das ESG-Performance-Management erfordert einen klaren, strukturierten Ansatz, der alle relevanten Nachhaltigkeitsziele und -maßnahmen umfasst. Unternehmen, die bereits fortgeschritten sind, unterliegen häufig einem Performance-Zyklus, der die Definition von lang- und mittelfristigen Nachhaltigkeitszielen sowie Anpassungsmaßnahmen (beispielsweise Schritte zur Dekarbonisierung), das Festlegen von Budgets und das regelmäßige Messen und die Analyse von ESG-KPIs umfasst.

Für viele Unternehmen liegt die Herausforderung jedoch darin, dass diese Nachhaltigkeitsziele und damit verbundene Performance-Management-Aktivitäten häufig in separaten Initiativen verfolgt werden, ohne enge Integration in die finanziellen Planungsprozesse. Die Konsequenz daraus lässt sich beispielhaft am folgenden praktischen Beispiel ableiten: In vielen Lieferketten in den Bereichen Life Sciences und Chemie wird der Einkauf biobasierter Chemikalien immer wichtiger. Hier stehen Unternehmen oft vor Zielkonflikten zwischen kurzfristigen finanziellen Zielen und langfristigen Nachhaltigkeitszielen. Wenn beispielsweise die Marge bei der Beschaffung biobasierter Chemikalien unter Druck gerät, weil diese teurer sind, bleiben Nachhaltigkeitsziele häufig hinter finanziellen Zielen zurück.

Lieferketten und Digitalisierung: ESG-Umsetzung vorantreiben

Die Integration von ESG-Performance-Management und der Finanzplanung hilft, solche Zielkonflikte zu vermeiden, und ist somit unerlässlich. Experten aus der Finanzplanung können eine Schlüsselrolle bei der Festlegung von Budgets für Nachhaltigkeitsmaßnahmen und der rechtzeitigen Bereitstellung finanzieller Ressourcen übernehmen. So tragen sie dazu bei, dass ESG-Maßnahmen nicht isoliert betrachtet und die Dimensionen des IBP um ESG-Aspekte erweitert werden.

Die Vorteile dieser Integration werden durch die aktuellen Trends in der Lieferketten- und Produktionsstruktur weiter gestärkt. Die Zunahme an Transparenz und Flexibilität, die durch digitale Plattformen und integrierte Planungsprozesse in den Lieferketten gefördert werden und zu einer effizienteren Verknüpfung von Produktions-, Finanz- und Marktsicht führen, kann ebenfalls zu mehr Effizienz in der Implementierung von ESG-Zielen beitragen. Auch der zunehmende Druck, Lieferketten durch einheitliche Standards und eine stärkere Vernetzung mit Zulieferern zu optimieren, sorgt für eine bessere End-to-End-Sicht und kann positiv auf die Umsetzung von ESG-Maßnahmen wirken.

Gerade im Life-Sciences-Sektor, der durch komplexe Lieferketten und hohe regulatorische Anforderungen geprägt ist und gleichzeitig eine schnelle Innovationsfähigkeit voraussetzt, kann die enge Verzahnung von ESG-Performance-Management und Finanzplanung ein wesentlicher Erfolgsfaktor sein. Nur durch eine starke Integration dieser beiden Bereiche können Unternehmen sicherstellen, dass sie sowohl nachhaltige als auch wirtschaftlich rentable Strategien entwickeln, die mit den dynamischen Marktentwicklungen und den regulatorischen Anforderungen gleichermaßen Schritt halten können.

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Trend 3

Optimierung des Bestandsmanagements als Treiber der Kapitaleffizienz

Der Kern einer nachhaltigen Kapitalstrategie ist der richtige Ansatz zur Optimierung des Bestandsmanagements.

Über das Bestandsmanagement (Net Working Capital) steuern Unternehmen ihre Lagerbestände mit der Vorgabe, die Kundenbedürfnisse möglichst kosteneffizient zu jedem Zeitpunkt erfüllen zu können. Dafür ist die Definition der richtigen Bestandsstrategie relevant, die entsprechend kommuniziert werden sollte. Die Steuerung des Bestandsmanagements ist individuell abzustimmen und kann sehr gut durch gezielte konkrete Maßnahmen verbessert werden.

Zunächst wird typischerweise der strategische und übermäßige Bestand analysiert. Dazu gehört eine Überprüfung fester Mengen, offener Bestellungen und der Flexibilität von Verträgen, insbesondere für kritische Materialien. Eine relevante Größe in diesem Zusammenhang ist vor allem der Sicherheitsbestand. Dieser wird durch einen statistischen Ansatz zur Berechnung des optimalen Zielbestands sowie zur Optimierung der aktuellen Logik definiert. Für produzierende Unternehmen in der Gesundheitsbranche wird dabei in erster Linie ein kombinierter virtueller Sicherheitsbestand für Rohstoffe in Verbindung mit relevanten Produktionsstandorten angestrebt.

Integration von Prozessen und Tools zur Effizienzsteigerung

Die Optimierung des Bestandes erfolgt durch die Anwendung von Methoden wie EOQ (Economic Order Quantity), MOQ (Minimum Order Quantity) und die Festlegung von Nachbestellpunkten für Rohstoffe. Zudem werden die Qualität der Freigabe und die Durchlaufzeit der Rohstoffe überprüft, um die zeitlichen Zielvorgaben zu erreichen, während gleichzeitig die Anzahl vertrauenswürdiger Lieferanten erhöht wird.

Ergänzend dazu wird die gesamte Lieferkette auf Zielkonflikte zwischen Kapazitätsauslastung und Leerlaufzeiten im Vergleich zu Verschrottungskosten und Überbeständen analysiert. Diese Sensitivitäten können dann bewertet werden. Um Trade-offs bei Produkteinführungen und Ausschreibungen zu berücksichtigen, wird typischerweise ein risikobasierter Ansatz eingeführt.

Die Anforderungen an den regulatorischen Bestand werden ebenfalls überprüft und mit der Strategie abgeglichen, während die Qualität der Nachfrageprognosen und KPIs im S&OP-Prozess verbessert wird. Zudem kann die Komplexität des Portfolios durch eine Reduzierung der Stock Keeping Units (SKU) sowie der Kundenspezifität verringert werden, was die Steuerung erleichtert. Die Einführung von Tools zur Kampagnenplanung und der Rollout von IBP für Prognosen und Material Requirements Planning (MRP) in SAP sind weitere Maßnahmen.

In Betracht gezogen werden sollten außerdem die Auswirkungen aktueller Initiativen, die Neuaushandlung von Lieferantenverträgen sowie die Risikobewertung strategischer Bestände, insbesondere im Hinblick auf Engpässe wie etwa während der COVID-19-Pandemie. Zudem wird die optimale Zielbestandsmenge bestimmt, alternative Materialnutzungen identifiziert und die Flexibilität von Kundenverträgen untersucht. Die Berechnung des Trade-offs zwischen Kapital- und Nachbestellungskosten sowie die Überprüfung und Herausforderung ausgewählter Risikobestellungen sind ebenfalls Teil des Prozesses. Schließlich wird die Kapitaleffizienz von Lagerstandorten analysiert und die Nachfrageprognose wie auch der S&OP-Prozess überprüft, um die Effizienz weiter zu steigern.

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Trend 4

Effiziente Nutzung großer Datenmengen

Im Life-Sciences-Sektor gewinnt die datengetriebene Unternehmenssteuerung zunehmend an Bedeutung.

Der Gesundheitssektor ist durch komplexe Lieferketten, strenge regulatorische Anforderungen und einen hohen Innovationsdruck geprägt. Um dem gerecht zu werden, ist eine einheitliche Datenstruktur unerlässlich, die die Integration steuerungsrelevanter Daten in hoher Qualität ermöglicht. Dies führt zu einer verbesserten Effizienz in der Finanzorganisation und unterstützt Unternehmen dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen. Die Einführung einer Unified Document Structure (UDS) bietet durch eine zentrale und vereinheitlichte Datenhaltung maximale Transparenz und einheitliche Finanzzahlen. Besonders wichtig ist dies für Mergers und Akquisitionen, da neu erworbene Gesellschaften oder Assets problemlos integriert und im Reporting dargestellt werden können.

Eine Unternehmenssteuerung, die durch Daten unterstützt und automatisiert wird, ist in den Controlling- und Finanzetagen schon lange Realität. Dennoch werden steuerungsrelevante Daten nur zu einem kleinen Teil effektiv genutzt. Der erste wesentliche Schritt ist die technologische Basis. Diese schafft die Möglichkeit, Daten konzernweit in einem unternehmensrelevanten Steuerungsmodell mit allen relevanten Details zusammenzufassen und für weitere Funktionen wie Planung, Analyse, Reporting oder Simulation aufzubereiten.

Hier spricht man auch von einer unternehmensweiten Steuerungsplattform oder der Enterprise Performance Management Platform (EPM). Dabei ist die richtige Datenbasis ein Kernelement. Eine unternehmensweite UDS ermöglicht es, steuerungsrelevante Daten in hoher Qualität zu integrieren und den manuellen Aufwand erheblich zu reduzieren. Dies führt zu einer verbesserten Effizienz in der Finanzorganisation und unterstützt Unternehmen dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen.

Die UDS wird in einem Data-Warehouse-Ansatz erstellt, der eine flexible, effiziente Datenverarbeitung ermöglicht und technologieunabhängig ist – die UDS kann in verschiedenen technologischen Umgebungen wie SAP und Microsoft implementiert werden. Sie ermöglicht die Integration der ERP-Daten einzelner Konzerneinheiten in das übergreifende Steuerungsmodell des Gesamtunternehmens. Dies umfasst sowohl vergangenheitsorientierte Ist-Daten als auch zukunftsgerichtete Plan- und Forecast-Daten. Die Datenstrukturen orientieren sich dabei stark am Steuerungsmodell des Unternehmens und beziehen Dimensionen wie Segmentierung, regionale und funktionale Ausrichtungen sowie inhaltliche Aspekte (Bestands-, Bewegungsarten) mit ein.

Stammdatenmanagement und automatisierte Validierung

Ein weiterer wichtiger Aspekt der datengetriebenen Unternehmenssteuerung ist das Master-Data-Management (MDM). Es bezieht sich auf die Verwaltung der Stammdaten, die für die Geschäftsprozesse eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung sind. Eine effektive MDM-Strategie stellt sicher, dass Stammdaten konsistent, genau und zugänglich sind. In der UDS werden Stammdaten-Management-Prozesse direkt in die Datenflüsse integriert. Dies ermöglicht es, sowohl in den ERP-Systemen vorhandene Stammdaten zu beziehen als auch zentral zusätzliche Stammdatentabellen zu pflegen. Dank der Flexibilität der UDS lassen sich Mapping- und Hierarchietabellen schnell anpassen und harmonisieren.

Automatisierte Validierungsprozesse verbessern die Datenqualität und reduzieren das Risiko von Fehlern im Berichtswesen. Beispiele für Validierungen sind die korrekte Kontierung der Datensätze, die Verfügbarkeit von Stammdaten für Ausprägungen oder die korrekte Währung bei Buchungen.

Die Unified Document Structure als zentraler Baustein der Unternehmensorganisation

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Trend 5

Nutzung von GenAI zur Verbesserung von Effizienz und Zusammenarbeit

KI kann zu Effizienzsteigerungen bei Prozessen wie Produktion und Lieferketten entscheidend beitragen.

Die Finanzplanung im globalen Life-Sciences-Sektor ist hochkomplex: Unternehmen operieren in verschiedenen regulatorischen Umfeldern, mit unterschiedlichen Kostenstrukturen und wechselnden Marktdynamiken. Während Forschungs- und Entwicklungskosten steigen, müssen Unternehmen gleichzeitig ihre Produktion und ihre Lieferketten optimieren. KI und GenAI ermöglichen durch automatisierte Budgetierung, präzisere Prognosen und vorausschauende Risikoanalysen eine effizientere Steuerung dieser Prozesse.

Automatisierte Kostenstellenplanung und Budgetierung

Traditionelle Budgetierungsprozesse in multinationalen Unternehmen sind oft durch unterschiedliche Systeme und manuelle Abstimmungen geprägt. KI kann Finanzdaten aus verschiedenen Märkten zusammenführen und Budgetentscheidungen dynamisch anpassen.

Beispiel: Ein globales Pharmaunternehmen nutzt KI, um Forschungs- und Produktionsbudgets an regionale Gegebenheiten anzupassen. Dabei werden Daten aus ERP-Systemen (beispielsweise SAP), Produktionssystemen und externen Quellen wie Rohstoffpreisindizes oder regulatorischen Kostenstrukturen analysiert. Wenn etwa in einem Land neue Compliance-Anforderungen für klinische Studien eingeführt werden, können Systeme wie SAP Analytics Cloud automatisch das Budget anpassen und eine Umverteilung der Mittel empfehlen.

Zudem können KI-Modelle historische Kostendaten aus verschiedenen Regionen vergleichen und daraus Muster ableiten. Falls sich beispielsweise steigende Logistikkosten in den USA abzeichnen, können Systeme wie IBM Planning Analytics alternative Produktionsstandorte mit günstigeren Rahmenbedingungen vorschlagen.

Predictive Forecasting für Umsatz- und Kostenplanung

Die Umsatz- und Kostenplanung globaler Unternehmen muss lokale Marktdynamiken berücksichtigen. KI verbessert diesen Prozess, indem sie interne Verkaufsdaten mit externen Faktoren wie Gesundheitsausgaben, Preisregulierungen oder epidemiologischen Trends verknüpft.

Beispiel: Ein Biotechunternehmen setzt KI ein, um die Nachfrage nach einem neuen Medikament für Diabetes vorherzusagen. Systeme wie beispielsweise Google Vertex AI können auf der Grundlage von Rezeptdatenbanken wie IQVIA, Suchvolumina zu Diabetes-Therapien, Patientenzahlen pro Region und Marktanalysen erkennen, dass in einem asiatischen Land ein verstärkter Einsatz von Generika zu erwarten ist, während in der EU steigende Gesundheitsausgaben eine höhere Nachfrage begünstigen.

Auf der Kostenseite kann KI auch Rohstoffpreise und Lieferkettenentwicklungen einbeziehen. Wenn etwa Aluminiumpreise für Medikamentenverpackungen steigen, können Systeme wie Azure Machine Learning die Auswirkungen auf die Produktionskosten prognostizieren und alternative Beschaffungsmöglichkeiten vorschlagen.

Szenarioanalysen und Risikoabschätzung

Globale Unternehmen müssen sich auf regulatorische Änderungen, Währungsschwankungen und geopolitische Risiken einstellen. KI ermöglicht detaillierte Szenarioanalysen, um finanzielle Auswirkungen zu bewerten.

Beispiel: Ein Pharmahersteller nutzt KI, um verschiedene Marktszenarien durchzuspielen. Systeme wie Palantir Foundry analysieren regulatorische Datenbanken (FDA, EMA) und erkennen, dass strengere Anforderungen an klinische Studien in den USA eine Verzögerung der Markteinführung verursachen könnten. Sie berechnen, wie sich dies auf die Umsatzprognosen auswirkt, und schlagen alternative Markteinführungsstrategien vor.

Auch Währungsrisiken können simuliert werden. Wenn sich zum Beispiel eine Abwertung des Yuan abzeichnet, können Systeme wie Oracle Hyperion Auswirkungen auf die Produktionskosten in China und Absicherungsoptionen durch Finanzinstrumente analysieren.

Effizienteres Reporting und Pre-Filling

Finanzberichte in globalen Unternehmen erfordern die Konsolidierung großer Datenmengen aus verschiedenen Regionen. KI kann diesen Prozess durch automatisierte Datenaggregation und Pre-Filling erleichtern.
Beispiel: Ein Finanzteam nutzt KI-gestütztes Reporting, um Umsatz- und Kostenentwicklungen für unterschiedliche Märkte zu analysieren. Statt manuell Daten aus verschiedenen Systemen zu exportieren, erstellen Systeme wie Tableau mit Einstein AI automatisch Dashboards, die für jede Region relevante KPIs anzeigen.

Auch das Pre-Filling von Berichten wird durch KI optimiert. Systeme wie Workday Adaptive Planning erkennen, welche Felder auf der Basis historischer Daten ausgefüllt werden können, und reduzieren so den manuellen Aufwand für Finanzanalysten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Einsatz von KI in Biotechunternehmen und bei Pharmaherstellern verschiedene Vorteile bietet. Die Technologie kann die Nachfrage nach Medikamenten vorhersagen, Rohstoffpreise analysieren, die Entwicklung von Lieferketten prognostizieren, Szenarioanalysen und Risikoabschätzungen vornehmen und darüber hinaus KI-Regulierungen, Währungsschwankungen und geopolitische Risiken bewerten. Zusätzlich erleichtert KI das Reporting und Pre-Filling von Finanzberichten durch automatisierte Datenaggregation und -optimierung. Die genannten Beispiele zeigen, wie KI-Systeme wie Google Vertex AI, Azure Machine Learning, Palantir Foundry, Oracle Hyperion, Tableau mit Einstein AI und Workday Adaptive Planning eingesetzt werden können, um Unternehmen zu unterstützen.

Fazit

Rasche Veränderungen im Life-Sciences-Sektor treiben große Umwälzungen bei den Marktteilnehmern selbst. Unternehmen können Veränderung und Stabilität nur dann kalibrieren, wenn sie ihre Finanzplanung rasch an erhöhte Kundenerwartungen und individualisierte Preisstrategien anpassen. So sollten sie Finanzdokumente standardisiert und konsistent organisieren, um ihren Zugriff auf relevante Informationen zu vereinfachen. Sie sollten zudem in der Lage sein, Kostenstrukturen in Echtzeit zu überwachen und anzupassen sowie nachhaltige Finanzstrategien zu entwickeln, um langfristige Investitionen zu sichern und ökologische Herausforderungen zu meistern. Die effiziente Nutzung von immensen Datenmengen, unterstützt durch KI und GenAI, fördert präzisere und schnellere Entscheidungsprozesse.

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